Mittwoch, 1. November 2006

Musikalische Scheinschwangerschaften

Anne-Sophie Mutter oder die musizierende Blumenvase


Seit einigen Monaten schon quält uns Anne-Sophie Mutter mit ihrer ganz persönlichen Mozartiade oder sollte ich besser sagen: ihrer Mozart Tirade!

Sie quält uns mit interpretatorischen Harmlosigkeiten und erzählten musikhistorischen Banalitäten, die nichts von ihrer Faszination einbüssen – vorausgesetzt wir stehen auf A.S. Mutter. Sie – ganz im Mittelpunkt – ihrer Eingebildetheit und schonungslosen Selbststilisierung präsentiert uns ihre jeweils neuesten Konzertroben und wackelt auf und ab mit dem Dackelblick einer musikalischen Kennerin inmitten ihres ihr ergebenen Orchesters. Ganz ohne Frage geht sie schwanger mit der Vorstellung sie könnte endlich aus dem Schatten der Dirigenten treten und endlich alles selbst bestimmen. So spricht sie mit dem Unterton des Bekenntnisses von der „Tragik“ in der Musik Mozarts und fidelt daraufhin im Metrum und der „Leidenschaft“ eines Automaten. Doch um das Tragische glaubhaft wiederzugeben, braucht man eigene tragische Erfahrungen. Hatte A.S. Mutter wirkliche eigene Erfahrungen? Ihr Leben lang war sie umgeben von Vaterfiguren und auch ihre Lebenspartner waren Vaterfiguren – so war sie vielleicht ein wenig zu sehr abgeschirmt von der Wirklichkeit des Alltags und auch die ungeheuere Selbstdisziplin in der Praxis des Musizierens kann die Ausbildung und Entwicklung der Leidenschaften im menschlichen Miteinander nicht ersetzen. Ein Teil der natürlichen Tragik des Lebens scheint mir deshalb in ihrem musikalischen Spiel zu fehlen – allen ihren Bekenntnissen zum Tragischen und Leidenschaftlichen in der Musik zum Trotz.

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